Unsere 1980er Jahre

Wie hat sich das in der 1980ern angefühlt?

Franz Matejcek erzählt:

„Wir waren verdammt jung und hungrig auf das Leben. Irgendwie spürte man die rasanten Veränderungen in allen Bereichen. Ich weiß noch, wie begeistert ich über das erste Fax war. Es kam auf diesem Endlos-Thermo­papier. Immer wenn man es abriss, hatte man Papiersalat in der Hand. Und weil die Faxe rasch verblassten, musste man auch noch gleich in den Copyshop rennen und den widerspenstigen Fetzen kopieren. Den ersten Anrufbeantworter bekamen wir von einem Griechen, der hatte von seinem Bruder in Griechenland eine Wagen­ladung organisiert und vertickerte sie nun hier. Natürlich schlossen wir ihn selbst illegal an, die Post hatte noch das Monopol und war einfach unbezahlbar.

Dann die CDs, die unseren schönen alten Platten Konkurrenz machten. Wir beäugten sie zwar skeptisch, aber sie klangen direkt und klar und hatten viel mehr Dampf als die Schallplatten. Wir waren so was von geplättet. Die Bands erkannten sofort die neuen Klangmöglichkeiten, es vollzog sich auch da ein wahnsinniger Wechsel. New Wave Bands wie die Talking Heads oder The Cure be­reiteten den Weg für elektronische Pop- und Dancemusik von Depeche Mode, OMD, Ultravox oder Visage.

Draußen tobt der erste Golfkrieg und wir tanzen zu Synthiepop und NDW. Nena kommt groß raus, Markus gibt richtig Gas und hat Spaß und Peter Schilling ist völlig losgelöst von der Erde. Auch die Engländer füllen die Klatschspalten mit Boy George und die Dancefloors mit Tainted Love und Sweet Dreams.

Die Amis wählen einen Schauspieler zum Präsidenten, Ronald Reagan, und ein bislang noch nicht so berühmter Michael Jackson veröffentlicht das immer noch meist­verkaufte Album aller Zeiten „Thriller“. Deutschland spielt im Finale der Fußballweltmeisterschaft und verliert gegen Italien 1:3. Trotzdem toben die ganze Nacht lärmende Autokorsos durch die Straßen. Und wir wieder mittendrin.

Mit der Einführung des Privatfernsehens und der Massenverbreitung des PCs vollzieht sich endgültig der Wechsel vom Industrie- zum Informations­zeitalter. Bob Geldof (Boomtown Rats) und Midge Ure (Ultravox) organisieren ein beispielloses Hilfsprojekt und Massenspektakel – Band Aid. Alle Stars auf der Bühne im Wembley Stadion und der Rest der Welt gebannt am Bildschirm. Keine Epoche hat Musik, Mode und Lifestyle so eng miteinander verbunden. Vielleicht nennt man es zu Recht das Zeitalter des schlechten Geschmacks. Schulterpolster, Vokuhila, Lederkrawatten, Karottenhosen, BMX-Fahrräder und Fast-Food-Restaurants sind heute vielleicht nicht mehr so der Hit. Aber die Musik berührt mich immer noch so wie damals. Wenn ich die Zeit beeinflussen könnte, würde ich aufstehen und laut „Zugabe“ rufen.

Und ein bisschen stolz bin ich schon, dass ich dabei sein durfte.“